
Valneva wechselt Vertriebspartner für Deutschland
Die Valneva SE sichert über eine Exklusivvereinbarung mit dem großen australischen Impfstoffvermarkter CSL Seqirus einen neuen Vertriebspartner für die deutsche Reisemedizin. Die Trennung vom bisherigen Partner Bavarian Nordic hatte wohl auch Gründe in einem wachsenden Interessenkonflikt.
Das französisch-österreichische Biotechnologieunternehmen Valneva SE hat eine exklusive Vermarktungs- und Vertriebsvereinbarung mit dem australischen Impfstoffhersteller CSL Seqirus für den deutschen Markt geschlossen. Ab Juli 2025 übernimmt CSL Seqirus die Vermarktung von Valnevas Chikungunya-Impfstoff IXCHIQ® in Deutschland. Zum Jahresbeginn 2026 folgen die beiden weiteren firmeneigenen Produkte IXIARO® (japanische Enzephalitis) und DUKORAL® (Cholera und ETEC-induzierte Reisediarrhö).
Die neue Partnerschaft ersetzt die bisherige Zusammenarbeit mit Bavarian Nordic, die Ende 2025 ausläuft. Der neue Vertrag mit CSL Seqirus gilt zunächst für drei Jahre und enthält Mindestabnahmemengen sowie marktübliche Kündigungsklauseln, etwa bei Kontrollwechsel oder Nichterfüllung von Leistungszielen. Valneva verfolge mit dieser Maßnahme eine „gezielte Neuausrichtung“ seines kommerziellen Vertriebs in Europa, so das Unternehmen. Während CSL Seqirus künftig den deutschen Markt – einen der größten europäischen Märkte für Reiseimpfstoffe – abdeckt, konzentriert sich Valnevas interne Vertriebsstruktur auf andere Schlüsselregionen wie Frankreich, das Vereinigte Königreich und Skandinavien. Laut COO Dipal Patel soll die Kooperation eine stabile Versorgung und breitere Marktdurchdringung gewährleisten, ohne die eigene Vertriebsmannschaft zu überlasten.
Marktbeobachter sehen jedoch auch einen ganz pragmatischen Grund in der Trennung von Bavarian Nordic als Vertriebspartner. Die dänischen Impfstoffentwickler haben im Frühjahr eine Zulassung für den eigenen Chikungunya-Impfstoff erhalten. Eine Vertriebspartnerschaft über im Wettbewerb stehende Impfstoffvarianten würde eher nach einem programmierten Interessenkonflikt aussehen, meinen Experten. Während Valneva einen attenuierten (abgeschwächten) Virus-Lebendimpfstoff gegen die tropische Erkrankung einige Monate vor Bavarian Nordic über die Zulassungsziellinie bugsieren konnte, verwenden die Dänen virus-ähnliche Partikel (virus like particle) an die verschiedene Virusantigene geknüpft sind. Die Phase III-Daten hatten dafür eine hohe Immunigenität der Probanden ergeben, was zu einer Zulassung für Personen ab zwölf Jahren führte.
Bei Valneva steht dagegen der Chikungunya-Impfstoff noch immer unter strenger Beobachtung für ältere Impfwillige, da die Abgabe an Personen über 65 Jahre seit einigen Wochen sowohl von der FDA als auch der EMA untersagt ist. Grund waren hierfür schwere Nebenwirkungen bis hin zu Todesfällen, bei denen bisher zwar kein direkter Zusammenhang mit Bestandteilen des Impfstoffes festgestellt werden konnte, doch die Untersuchungen dazu laufen weiter.
Typische Symptome einer akuten Infektion mit Chikungunya sind Fieber, Hautausschlag, Erschöpfung, Kopfschmerzen und die namensgebenden, oft schweren Muskel- und Gelenkschmerzen. Der Name Chikungunya stammt aus der Sprache der Makonde, einem Volk Tansanias, und bedeutet „der gekrümmte Gehende“. Zwar ist die Mortalität niedrig, doch die Morbidität hoch. Etwa 50 Prozent der symptomatischen Erkrankten entwickeln Einschränkungen, die mit zunehmendem Alter stärker werden können. Valneva betont, dass bereits über 60.000 Impfungen ohne Komplikationen absolviert worden seien.
Valnevas wirtschaftliche Entwicklung und Pipeline-Fokus
Im ersten Quartal 2025 erzielte Valneva einen Produktumsatz von 48,6 Mio. Euro, wovon 42,8 Mio. Euro auf firmeneigene Impfstoffe entfielen. Für das laufende Geschäftsjahr rechnet das Unternehmen mit einem Umsatzanstieg auf 170 bis 180 Mio. Euro, wobei der ungehinderte Abverkauf von des Chikungunya-Impfstoffs grundlegend für die Prognose ist. Ein positiver Cashflow aus dem kommerziellen Geschäft wird erstmals für das Gesamtjahr erwartet – ein wichtiger Meilenstein für Valnevas wirtschaftliche Stabilität. Neben der eigenen und verpartnerten Vertriebsstrategie konzentriert sich Valneva weiterhin auf den Ausbau seiner Impfstoffpipeline. Im Fokus steht dabei die Weiterentwicklung des Chikungunya-Impfstoffs sowie weit fortgeschrittene Projekte im Bereich Borreliose (Lyme, gemeinsam mit Pfizer) und Zika.
Valneva setzt dabei auf eine steigende Nachfrage nach Reiseimpfstoffen unter anderem durch zunehmende globale Mobilität und klimawandelbedingte Ausbreitung tropischer Krankheiten (siehe dazu ein Interview mit CEO Thomas Lingelbach vom Dezember 2024). Die Trennung von Bavarian Nordic im Vertrieb und der neue Partner können für frischen Wind in der Vermarktung sorgen, wenn sich der Makel der Bedenken von Zulassungsbehörden im aktuellen Fall in Wohlgefallen auflöst.